Mietrecht – Ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs

In seinem Urteil vom 10.10.2012 entscheidet der BGH, dass eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs auch unterhalb der für die fristlose Kündigung geltenden Grenze möglich ist. Eine zur ordentlichen Kündigung berechtigende nicht unerhebliche Pflichtverletzung des Mieters liegt jedoch nicht vor, wenn der Mietrückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und die Dauer des Zahlungsverzug weniger als einen Monat beträgt.

In dem der Entscheidung des Gerichts zugrunde liegenden Sachverhalt kündigte der Vermieter – nach einer bereits zuvor ausgesprochen Kündigung – das mit dem Mieter bestehende Mietverhältnis erneut ordentlich, nachdem der Mieter mit der Zahlung einer Monatsmiete in Verzug geraten war. Die nach Ausspruch der Kündigung vom Vermieter erhobene Räumungsklage wurde vom BGH im Ergebnis bestätigt.

Im Rahmen des Urteils hatte der BGH Gelegenheit, die in der Rechtsprechung und in der mietrechtlichen Literatur bisher umstrittene Frage zu entscheiden, wie hoch ein vom Mieter verschuldeter Zahlungsrückstand sein und wie lange er angedauert haben muss, um die ordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Diese Frage wurde insbesondere deshalb bisher kontrovers diskutiert, weil es für die außerordentliche fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine genau definierte gesetzliche Regelung gibt. Danach kann eine fristlose Kündigung unter anderem dann ausgesprochen werden, wenn der Mieter für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Zahlung der Miete in Verzug ist. Dieser für die fristlose Kündigung getroffenen Regelung soll nach teilweise vertretener Auffassung eine allgemeingültige Bedeutung zukommen, weshalb auch eine auf Zahlungsverzug gestützte ordentliche Kündigung voraussetze, dass sich der Mieter für zwei aufeinanderfolgende Termine mit einem Betrag in Höhe von mindestens zwei vollen Monatsmieten in Zahlungsverzug befinde. Dem wird entgegengehalten, dass nun mal die fristlose Kündigung und die ordentliche Kündigung an unterschiedliche Voraussetzungen zu knüpfen seien. Denn die fristlose Kündigung setzt voraus, dass dem Vermieter unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls die Fortsetzung des Vertrags nicht bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist zugemutet werden kann (§ 543 Abs. 1 BGB). Demgegenüber bedarf die ordentliche Kündigung gemäß § 573 Abs. 1 BGB (lediglich) eines berechtigten Interesses, welches nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB dann vorliegt, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt. Von einer in diesem Sinn erheblichen Vertragsverletzung des Mieters kann nach Meinung des BGHs aber schon dann ausgegangen werden, wenn der Mietrückstand (nur) eine Monatsmiete übersteigt und die Dauer des Zahlungsverzug mehr als einen Monat beträgt. Angesichts der unterschiedlichen Anforderungen des Gesetzes an die fristlose und die ordentliche Kündigung bestünde nämlich kein Grund, die vom Gesetzgeber für die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs festgelegten Grenzen auf die ordentliche Kündigung zu übertragen.

BGH, Urteil vom 10. 10. 2012 – VIII ZR 107/12

Anmerkung:

Der Entscheidung des BGH ist uneingeschränkt zuzustimmen. Der BGH arbeitet in seinem Urteil überzeugend heraus, dass die gesetzlichen Anforderungen für die fristlose Kündigung nicht ohne Weiteres auf die ordentliche Kündigung zu übertragen sind. Die ordentliche Kündigung setzt nach dem Gesetz nun mal „nur“ eine erhebliche Pflichtverletzung voraus, welche eben auch unterhalb der Schwelle für eine außerordentliche fristlose Kündigung liegen kann. Es wäre auch nur schwerlich nachvollziehbar, die in ihren Auswirkungen erheblich schwerwiegendere fristlose Kündigung bei Zahlungsverzug hinsichtlich der Kündigungsvoraussetzungen mit der ordentliche Kündigung gleichzusetzen. Erfreulich ist an der Entscheidung, dass der BGH im Fall des Zahlungsverzugs dem Vermieter für die ordentliche Kündigung nun konkrete zeitliche Vorgaben an die Hand gegeben hat. Demnach muss der Mietrückstand der Höhe nach zumindest eine Monatsmiete übersteigen und die Dauer des Zahlungsverzug länger als einen Monat betragen.